02/01/2012

Abrahama sama clara und das Politgeschwür

Immer wieder sieht sich der Kulturtreibende seitens des Publikums und vor allem seitens diverser semi- und vollprofessioneller Kritiker mit der Standardfrage konfrontiert: "Was will uns der Künstler damit sagen?"


Formal gesehen, ist die Antwort in diesem Fall einfach: "Abrahama sama clara und das Politgeschwür" ist ein modular strukturiertes Gesamtkunstwerk. Modular deswegen, weil die wichtigsten Elemente - Roman, Vortrag, Musik und Lyrics - jeweils durchaus für sich allein stehen können, Gesamtkunstwerk deshalb, weil erst durch das Zusammenspiel sämtlicher Elemente die kathartische Wirkung beim Publikum erreicht werden kann, auf die der Inhalt abzielt.

Inhaltlich gesehen, wird die Beschreibung diffiziler: Der Angelpunkt des Programms, das Buch "Der sanfte Fall nach oben" stellt grundsätzlich eine Gebrauchsanweisung dafür dar, was der gelernte Österreicher aus seiner Lehre vergessen sollte. Gehirnnahrung für unterhaltungsübersättigtes Stimmvieh, sozusagen. Oder auch: Mahnungen, die Integrität der Hersteller der Stiefel., die uns beständig in den Hintern treten, zu hinterfragen. "Merk's, Wien" hat der legendäre Barockprediger Abraham a Sancta Clara von der Kanzel geschmettert. "Merk's, Volk!" rufen Abrahama sama clara  Jahrhunderte später aus Buchblättern, CD und von der Bühne - nicht so grobianistisch, sondern musikalisch wie textlich wie konzeptiv feinst geschliffen.
Jedes Element für sich eigenständig, in der Gesamtheit allerdings ein Erlebnis der besonderen Art.

"Mahnen" hängt ebenso eng mit "Meinen" zusammen wie "Witz" mit dem "wit" im shakespearesschen Sinn. Wer schenkelklopfiges Kabarett erwartet, wird ebenso enttäuscht sein wie der Sympathisant  couleurlastigen Politgepolters.
Abrahama sama clara fühlt eine feinere Klinge. Und zielt dennoch mit dem Gesamtprogramm auf die bereits angesprochene Katharsis ab, die den mündigen Bürger aus der Welle von Trendlemmingen und der Herde von Stimmvieh befreien könnte.

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